"Jeder Konflikttyp erfordert eine andere Form der Lösung oder Beilegung, eine andere Weise der Vorbeugung, ein anderes Konfliktmanagement."
Von Zielkonflikt über Bewertungskonflikt bis Rollenkonflikt
Konflikttyp: Konflikthintergründe ermitteln
Konflikttypen bestimmen, Konfliktursachen erkennen
Unter dem Gesichtspunkt des Kosten- und des Risikomanagements ist es nicht mehr nur eine Moralfrage, ob Unternehmensleitungen, Führungskräfte und Organisations- bzw. Personalentwickler archaische Formen der Konfliktlösung mit Gewinnern (vielleicht) und Verlierern (ganz sicher) zulassen dürfen.
Konfliktlösung mit Macht und Gewalt?
Die Kosten für die Finanzierung von Attacken und Konfliktaktivitäten trägt (immer) das Unternehmen – und zwar für beide Seiten. Es ist daher eine Win-Win-Vorgehensweise zu forcieren, die dem fortgeschrittenen menschlichen Entwicklungsstadium weitaus mehr entspricht als die Konfliktlösung durch Einsatz von Macht.
Zweifellos basierte noch in jüngerer Vergangenheit so manche Karriere auf der persönlichen Fähigkeit, eigene (resp. bereichs- oder abteilungsbezogene) Ziele auf Kosten anderer Bereiche zu erreichen oder gar überzuerfüllen. Solche Zielkonflikte sind ein Konflikttyp, der noch immer recht häufig in Unternehmen vorkommt.
Vom Konflikttyp zur Konfliktursache
Damals hatten allerdings viele Unternehmen noch nicht ausreichend im Blick, dass solche Führungskräfte mehr Schaden anrichten als sie dem Unternehmen nützen. Wenn einzelne Konfliktsymptome erkannt wurden, ist die genaue Bestimmung des Konflikttyps erforderlich, um kompetent eingreifen zu können.
Jeder Konflikttyp erfordert eine andere Form der Lösung oder Beilegung, eine andere Weise der Vorbeugung, ein anderes Konfliktmanagement. Je besser die Informationsbasis, desto zutreffender ist die Einschätzung des Konflikttyps, desto besser sind Entscheidungen über Maßnahmen zur Konfliktbeilegung und desto höher sind deren Erfolgsaussichten.
Wenn nur ein oder zwei wichtige Informationen fehlen, wird brennendes Fett mit Wasser übergossen. Unsere Checkliste (» hier anfordern) unterstützt Vorgesetzte bei der Identifizierung des zutreffenden Konflikttyps.
Konflikttyp ermitteln – Konfliktursachen erkennen
Konflikttyp A: Zielkonflikt
Kernfrage zur Bestimmung dieses Konflikttyps: Streben die Konfliktbeteiligten sich entgegenstehende oder sogar sich ganz bzw. teilweise ausschließende Ziele an?
Beispiel: Das Ziel des Vertriebs, Waren möglichst sofort liefern zu können, steht dem Ziel des Lagers entgegen, Warenbestände möglichst gering zu halten.
Konflikttyp B: Bewertungskonflikt
Kernfrage: Nehmen die Beteiligten die Ausgangssituation unterschiedlich wahr? Schätzen die Beteiligten die Bedeutung der Ziele oder deren Rangfolge unterschiedlich ein?
Beispiel: Der Werkstattleiter eines Automobilhandelshauses informiert alle Kunden im Sinne der Kundenzufriedenheit über die Reparaturanfälligkeit der Klimaanlage im neuen Modell. Der Verkauf beklagt, dass er hierdurch Umsätze vernichte.
Konflikttyp C: Maßnahmenkonflikt
Kernfrage: Planen die Beteiligten sich entgegenstehende oder gar sich ganz bzw. teilweise ausschließende Maßnahmen – möglicherweise trotz ähnlicher oder gleicher Ziele?
Beispiel: Der Personalleiter setzt beim Auswahlverfahren auf die vertrauensförderliche Atmosphäre in Bewerberinterviews unter vier Augen. Dagegen bevorzugt der Fachbereichsleiter ein Assessment Center mit einer möglichst hohen Zahl an Beobachtern aus dem zukünftigen Team des Einzustellenden.
Konflikttyp D: Verteilungskonflikt
Kernfrage: Sind die zur Verfügung stehenden Ressourcen (z. B. finanzielle, menschliche, technische, räumliche) beschränkt und beanspruchen die Beteiligten diese für sich gegenseitig ausschließende Nutzung?
Beispiel: Die durch das Outsourcing von Teilen der Fertigung frei gewordenen Gebäudeteile benötigt die Personalabteilung für Großgruppen-Seminare. Die Logistik möchte sie dagegen für das längst überfällige Hochregallager nutzen.
Konflikttyp E: Internaler Konflikt
Kernfrage: Liegen bei einer Person zu verschiedenen Zeiten ganz unterschiedliche oder sogar gegensätzliche Formen des Verhaltens, Denkens und Empfindens vor, ohne dass diese durch Veränderungen von Handlungskontext oder Situation begründet werden könnten?
Beispiel: Der Einkaufsleiter beendet die Zusammenarbeit mit einem Lieferanten wegen dessen langer Lieferzeiten, die er ihm selbst angeboten hat.
Konflikttyp F: Beziehungskonflikt
Kernfrage: Ist die Kommunikation zwischen den Beteiligten gestört oder werden entscheidende Bedürfnisse der Beteiligten nicht ausreichend befriedigt?
Beispiel: Der Vorgesetzte hört einem seiner Mitarbeiter nicht zu, da ihn dessen Art und Weise aufregt, einen Sachverhalt zu schildern.
Konflikttyp G: Rollenkonflikt und Funktionskonflikt
Kernfrage: Stellen die Beteiligten widersprüchliche Rollenerwartungen an sich bzw. den anderen? Liegen gegensätzliche Rollenverständnisse bei den Beteiligten vor?
Beispiel: Ein Vorgesetzter sieht sich als Coach seiner aus eigenem Antrieb heraus unternehmerisch denkenden und handelnden Mitarbeiter. Diese erwarten von einer Führungskraft jedoch klare Arbeitsaufträge und eine intensive Kontrolle.
Führungskräfte sind in der Regel recht geübt darin, die auf der eher rationalen Ebene liegenden Konflikttypen A bis D (Zielkonflikte, Bewertungskonflikte, Maßnahmenkonflikte, Verteilungskonflikte) zu thematisieren und zu lösen.
Konfliktursachen bei rationalen Konflikttypen
Es ist für gute Kooperation beispielsweise keinesfalls unbedingt erforderlich, dass die Ziele der Beteiligten identisch sind. Auch sehr unterschiedlich gerichtete Vorgehensweisen können für beide Seiten erfolgreich und konfliktfrei umgesetzt werden. Dann liegt kein Zielkonflikt vor.
Doch die Aktivitäten dürfen sich nicht gegenseitig behindern und ihre Effekte dürfen sich nicht konterkarieren. Nicht Konformität, sondern vielmehr eine unternehmensweite Kompatibilität der Ziele ist zu sichern, um Produktivitätseinbußen zu vermeiden. Noch vorteilhafter für das Unternehmen ist es natürlich, wenn sich die verschiedenen Handlungen der Akteure gegenseitig unterstützen und sie Synergieeffekte nutzen.
Rationale Konflikttypen, emotionale Konflikttypen und Wölfe im Schafspelz
Wie kein anderer auf der rationalen Ebene liegender Konflikttyp werden Verteilungskonflikte als Ventil für emotionale Konflikte missbraucht. Im privaten Bereich liefern Scheidungen oftmals eindrucksvolle Beispiele, wenn die Konfliktbeteiligten versuchen, bei der Verteilung von Haus und Hof die tatsächlich auf der emotionalen Ebene liegenden Konflikte fortzuführen. Im beruflichen Bereich werden eher Budgets, Mitarbeiter, Assistenzkräfte, Räume und deren Lage in den Vordergrund geschoben, um emotionale Konflikte zu tarnen.
Das ist darin begründet, dass sachlich begründete Konflikte in unserer Gesellschaft nicht nur eher toleriert werden, sondern den Parteien auch den Anschein von Engagement und Motivation verleihen. Es ist erforderlich, dass Führungskräfte gerade bei einem Verteilungskonflikt genau hinsehen, ob dies wirklich ein solcher ist – oder ob die wahre Konfliktursache auf der emotionalen Ebene liegt.
Emotionale Konflikttypen
Wenn emotionale Konflikte (Konflikttypen F und G) auftreten, wiesen Führungskräfte dies früher noch als „nicht meine Aufgabe“ zurück. Sie versuchten es mit der Ermahnung „Bleiben Sie doch bitte sachlich!“ Doch dann passiert stets das Gegenteil, zumindest unter der Oberfläche.
Ein auf sachlicher Ebene gelöster emotionaler Konflikt, etwa ein Beziehungskonflikt zwischen zwei Personen, wird sich bald ein neues Ventil suchen und einen anderen Umstand zum Konfliktgegenstand nehmen. Er wird die Führungskraft erneut beschäftigen, er wird wieder die Innovationskraft und das Leistungsvermögen der Beteiligten von den Arbeitsaufgaben auf das Aushecken und Umsetzen von Konfliktstrategien lenken.
Sinkende Effizienz und Einbußen bei der Produktivität sind deutliche Folgen für das Team, letztlich für das gesamte Unternehmen. Daher liegt gerade bei emotionalen Konflikttypen der erfolgsentscheidende Schlüssel zu hoher Konfliktkompetenz, die eine Führungskraft der Zukunft auszeichnet.
Prävention von Beziehungskonflikten
Oftmals führen rational begründete Konflikte, insbesondere ungenügende Kommunikation oder unzureichende Information, zu Beziehungskonflikten oder zu einer Beimischung. Sofern etwa in Veränderungsprozessen nur knappe Mitteilungen gegeben werden, ohne den Betroffenen die Gründe und die Chancen zu erläutern, kann dies zu Konflikten auf der Beziehungsebene führen.
Auch dann, wenn die Kommunikation über Dritte läuft, wird dies häufig von Betroffenen als persönliche Missachtung interpretiert. Auch wenn noch so hoher Zeitdruck herrscht: Unternehmensleitungen und Führungskräfte sollten sich stets die Zeit für die direkte Kommunikation nehmen. Nichts beugt Beziehungskonflikten besser vor.
Wenn Sie direkt mit einem Experten über Ihre Möglichkeiten zur Bestimmung des Konflikttyps sprechen möchten, nehmen Sie bitte einfach Kontakt zu uns auf.
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